Viele Anfängerfragen

Nur Mut, es gibt keine dummen Fragen.
Jeannie
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Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von Jeannie » Mi 17. Jul 2013, 09:47

Guten Morgen an alle,
zuerst einmal ein Riesenkompliment für dieses sehr informative Forum. Seit gestern abend bin ich nur noch am Lesen. Nun habe ich viele Fragen und hoffe, ich bin hier richtig. Zu meiner Person: Jahrgang 1967. Seit ca 13 Jahren kämpfe ich zunehmend mit Depressionen.Das führte leider dazu, dass ich wirklich gute Jobs nach kurzer Zeit immer selbst wieder aufgegeben habe, weil ich kein Durchhaltungsvermögen mehr hatte. (im vorletzten Jahr alleine 4 AG) Irgendwie habe ich mich immer durchgehangelt bis Frühjahr letzten Jahres. Dazu kamen private viele unvorhergesehene Schicksalsschläge, die mich zusätzlich runtergezogen haben. Mittlerweile bin ich kaum noch fähig, einen geregelten Alltag zu führen, ich schaffe fast nichts mehr, so verrückt sich das anhören mag. Ich muss mittlerweile 5 Tage überlegen, ob ich es schaffe, meine Zimmerpflanzen zu giessen. Vielleicht versteht der eine oder andere, wie es in mir vorgeht. Seit einem Jahr bin ich nun krankgeschrieben wegen Depressionen und ich bin zur Zeit in einer Psychotherapie, (der vierte Therapeut mittlerweile, 2 weigerten sich ernsthaft, mich zu behandeln, weil meine Depressionen zu schwer seien. Mir wurden da gleich Medikamente oder Tagesklinik von den Therapeuten vorgeschlagen) Nun meine Frage: So wie ich mich selbst beobachte, komme ich aus diesem Loch nicht mehr heraus, zumal der finanzielle Druck ansteht, entweder wieder in einem halben Jahr in einem Job zu arbeiten, der mich total zugrunde richtet (Direktvertrieb mit ständigem Umsatzdruck) oder erstmal AL I zu beantragen (würde wohl ein Jahr bekommen). Was muss ich nun tun, um eine zumindest befristete Rente zu beantragen? Muss ich eine Psychotherapie nachweisen, muss ich eine, von der Krankenkasse vorgeschlagene (nicht vorgeschriebene!) Reha erst machen, muss dies alles noch in der Krankengeldzeit erfolgen oder wie gehe ich da vor? Würde mich sehr über Antworten freuen, da dies alles Neuland für mich ist. Danke im voraus.

Lilafee
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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von Lilafee » Mi 17. Jul 2013, 11:48

Hallo Jeannie,

wie es dir geht, das kann ich nur allzu gut nachfühlen. Mir ging es lange Zeit ganz genau so, ich war unfähig, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, oder irgend etwas zu machen (Stichwort Waschbecken putzen :confused: ). Ich habe mich geschämt, zuzugeben wie es mir geht und bin dadurch immer weiter abgerutscht. Nicht einmal meiner Therapeutin gegenüber war ich ehrlich.

Das "Spiel" ging dann so lange, bis ich endlich in die Klinik gegangen bin..... gleichzeitig hatte endlich jemand erkannt, WIE schlecht es mir geht, dass ich ganz nah am Abgrund stand und hat mir in Sachen Geld und Behörden die richtigen Wege gewiesen.

Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich auch in die KLinik gehen. In einer Reha kannst du lange nicht so intensiv behandelt werden wie in einer psychiatrischen Klinik. Und warum keine Tabletten? Du hast eine Stoffwechselerkrankung des Gehirns, die kannst du nicht "wegreden". Diabetes oder Nierensteine kannst du auch nicht wegreden, sondern musst sie medikamentös oder chirurgisch behandeln lassen. Unterstützt durch die richtigen Medikamente kannst du auch deinen Alltag wieder besser bewältigen. Verhaltensweisen trainieren, die dich deine Blumen gießen lassen oder einkaufen zu gehen.

Jeannie
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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von Jeannie » Mi 17. Jul 2013, 12:19

Meinst Du mit Klinik Tagesklinik? Ist das etwas anderes als Reha? Sorry, aber es ist für mich alles Neuland. Ich denke trotzdem nicht, dass ich da in einem halben Jahr wieder voll auf dem Damm bin, von daher ja meine Fragen bezüglich der befristeten Rente, dass ich in Ruhe alles durchziehen kann. Freue mich gerne auf weitere Antworten.

Bezüglich Medikamente: Sicherlich hast Du Recht. Ich bin in dieser Richtung nur wirklich sehr traumatisiert. Ich hatte gleich 2 Fälle in engstem Bekanntenkreis, die ebenfalls auf Psychopharmaka gesetzt wurden, die erkannte ich dann nicht wieder. Es waren wandelnde Roboter ohne jegliche Gefühle, ich übertreibe wirklich nicht. Ich habe diese Leute nicht wiedererkannt. So möchte ich nicht durchs Leben laufen. Ich hatte mir sogar einen Neurologen angetan, da sass ich keine 2 Minuten, er sah mich nicht einmal an und zückte gleich ein Medikament. Wenn es nicht wirken sollte nach 14 Tagen, dann halt das nächste. Das kanns doch nicht sein!
Ich kam mir so deplatziert vor, das glaubst Du gar nicht und obendrein nicht für voll genommen. Das Problem ist ja, dass man auch nicht gleich einen Termin beim Facharzt bekommt und desweiteren nicht weiss, wer nun wirklich etwas "taugt" und wer nicht. Jedenfalls war ich nach dem Termin wieder so neben der Spur, dass ich erstmal keine Kraft mehr hatte, wieder einen Neurologen aufzusuchen.

maday
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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von maday » Mi 17. Jul 2013, 13:02

Hallo Jeannie,
erst einmal herzlich willkommen hier. Auch ich empfehle dir in eine Klinik zu gehen, damit meine ich erst einmal keine Tagesklinik. Du solltest dich zunächst einige Wochen vollstationär behandeln lassen. Im Allgemeinen schließt sich dann an eine vollstationäre Behandlung eine mehrwöchige Tagesklinik an. Meist sind es mindestens 6 Wochen, ich war sogar 2011 fast ein 1/4 Jahr in der Tagesklinik. Da du akut krank bist, kommt eine REHA normal nicht in Frage, denn dafür ist eine REHA nicht da. Für eine REHA muss man schon ziemlich belastbar sein, sonst schafft man niemals den Therapieplan.

Wenn du Rente beantragen willst, solltest du vorher alle Therapieangebote genutzt haben. Mir wurde die EMR zugesprochen, weil ich laut Aussage des beauftragten Gutachters bereits austherapiert war. Ich habe alles genutzt, was es gibt. REHA, ambulante Psychotherapie, vollstationäre Klinik, Tagesklinik - das alles heißt irgend wann finanzielle Not. Denn ich hatte einen sehr gut bezahlten Job, war fast 30 Jahre in ein und der selben Firma, erst kommt 18 Monate Krankengeld, dann habe ich 15 Monate ALG 1 nach § 145 SG III erhalten, danach war ich immer noch krank und bin unweigerlich in Hartz IV gerutscht. Den Werdegang kennen fast alle User hier im Forum.

Für einen Rentenantrag solltest du auch unbedingt Fachärzte hinter dir stehen haben. Und es gilt bei der Rentenversicherung der Grundsatz REHA vor Rente. Die REHA-Kliniken wollen von Rentenanträgen im allgemeinen nichts wissen. Ca. 90 bis 95 % aller Patienten in den REHA-Kliniken werden als arbeitsfähig entlassen. Die REHA-Berichte sind meist haaresträubend. Ich hatte den Eindruck bei mir im REHA-Bericht beschreibt man zwei unterschiedliche Patienten, der Bericht enthielt so viele Fehler und Falschaussagen, dass man nur :kotzen: konnte. Ich wurde als AU aus der REHA entlassen, dass hieß allerdings nicht, dass ich erwerbsgemindert war und mir zu diesem Zeitpunkt eine EMR zugestanden hätte. Die Entscheidung der EMR wurde dann erst 4 Jahre später getroffen. Mir wurde dann zwar für 2 Jahre rückwirkend die Rente anerkannt, aber der Druck, den man in der Zwischenzeit hat, der ist immens groß, weil man nicht weiß, was einen erwartet und wie lange alles dauert.

Gruß maday
Als Frau bin ich ein Engel und wenn man mir die Flügel stutzt, fliege ich weiter, dann aber auf meinem Besen.

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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von Lilafee » Mi 17. Jul 2013, 13:23

Maday war schneller als ich..... :icon_e_wink:

Ja, ich meine einen stationären Klinikaufenthalt. Auch wenn es erstmal schrecklich klingt... "Psychiatrie" :glotzen: :icon_e_wink: .... bist du dort mit deiner Krankheit erstmal gut aufgehoben. Tagesklinik gibt es meistens erst nach dem vollstationären Aufenthalt, wenn du wieder stabil und belastbarer bist. Denn Tagesklinik bedeutet normalerweise 8-16 Uhr Klinik; danach musst du einkaufen, deinen Haushalt versorgen, waschen, kochen, Blumen gießen :icon_e_wink: ..... Schaffst du das?

Wenn du so schnell keinen Termin beim Psychiater bekommst, schau mal nach einer "Psychiatrischen Institutsambulanz" in deiner Nähe. Da kannst du ohne Termin hingehen und mit einem Arzt oder Psychologen sprechen - und dir ggf. Medikamente verschreiben lassen. Und keine Angst, sie behalten dich nicht da :cool: .

Wenn du in einer größeren Stadt wohnst, gibt es vielleicht mehrere psychiatrische Kliniken/Stationen bei euch. Schau, welche eine davon eine Depressionsstation hat. Bei den anderen kann es dir nämlich wirklich passieren, dass die nach Schema F behandeln und alle Patienten pauschal sedieren :grinser: . Wenn du in der PIA bist und diese Klinik zufällig nicht deine zuständige ist (psych. Kliniken werden nach Sektoren / wohnortbezogen eingeteilt), lass dir nichts erzählen. Sie müssen dich trotzdem aufnehmen, schlimmstenfalls musst du ein paar Tage warten.

Ich war drei Monate in vollstationärer Behandlung und habe da natürlich auch Medikamente bekommen. Aber ich musste NICHTS nehmen, was ich nicht wollte - alles wurde mit mir abgesprochen. Die Zombies waren eigentlich nur die Patienten, die gerade aufgenommen waren - erstarrt in ihrer Depression. Wenn man dann selbst irgendwann wieder wahrnehmungsfähig war, konnte man direkt zusehen, wie wieder Leben in sie kam.

Meine Reha habe ich während meines Klinikaufenthalts beantragt, am vorletzten Tag hatte ich meinen Gutachtertermin. Sehr passend, denn ich habe zu dem Termin meinen vorläufigen Entlassungsbericht mitgenommen. Mir wurde eine volle EM Rente bis 2016 bewilligt.

Zwei Mitpatientinnen (mittlerweile Freundinnen) haben auch ihre Rente während des Klinikaufenthalts beantragt; den beiden wurde auch eine volle EM Rente bewilligt.

Jeannie
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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von Jeannie » Mi 17. Jul 2013, 14:48

Vielen Dank für eure Antworten, wirklich toll, wie ihr euch um die unsicheren Neuzugänge kümmert. Man fühlt sich nicht mehr ganz so isoliert. Dafür Danke.
Ich glaube, ich hab mich ein wenig unklar ausgedrückt: Ich habe nach 3 Fehlversuchen ja eine Psychotherapeutin gefunden, mit der ich wirklich erstklassig klarkomme. Der nächste Gang wäre jetzt sicherlich, einen neuen Neurologen zu finden, der einem auch ernst nimmt und nicht gleich aus dem Ärmel ein Rezept schüttelt. Eine vollstationäre Behandlung kommt wegen privater Umstände bei mir nicht in Betracht und ich habe viel zu viel Panik davor. Ich wurde in der Vergangenheit bei meinen 2 Klinikaufenthalten, die nicht psychisch bedingt waren, jedesmal "erfolgreich total falsch" behandelt inklusive fehlgelaufener Narkose, ich habe Panikattacken vor Kliniken, das ist momentan einfach unmöglich. Nun meine Frage: Wenn ich in psychotherapeutischer Behandlung bleibe und einen Neurologen finde, könnte ich dann trotzdem vorübergehend Rente beantragen oder stehen die Chancen dann eher schlecht?

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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von maday » Mi 17. Jul 2013, 14:59

Rente beantragen kann man immer und über Chancen zu reden, ist sinnlos. Wie die Leute , die bei der Rentenversicherung die Entscheidungen treffen, ticken, kann niemand vorhersagen. Die Hürde, die du nehmen müßtest, wäre sicherlich ein oder mehrere Gutachter. Und wie es da teilweise zugeht, kannst du hier im Forum nachlesen. Ich denke, wenn ich mich nicht hätte stationär behandeln lassen hätte (im Jahr 2011 insgesamt ca. 26 Wochen) hätte ich heute keine EMR. Dabei wollte ich eigentlich gar keine Rente, ich hatte nur einen Antrag auf REHA gestellt. Aufgrund dessen, dass ich austherapiert war, wurde der erneute REHA-Antrag in einen EMR-Antrag von der Rentenversicherung umgedeutet. Der Verlängerungsantrag im Mai diesen Jahres ging sogar ohne Gutachter über die Bühne, mir wurde nun EMR bis zur Altersrente (hätte noch 10 Jahre zu arbeiten) gewährt.

Mein Tipp wäre, stelle den EMR-Antrag und dann wirst du sehen, was die Rentenversicherung entscheidet.

Gruß maday
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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von k@lle » Mi 17. Jul 2013, 15:35

laut aussage von meinem Psycho-Tp. (und er hätte es von einem Renten-Mitarbeiter)wäre es ohne Klinikaufenthalt schwierig Em-rente zu bekommen-

habe da die selben Prob. (Phobien Kh;Kliniken usw)und mein Pt meint ein Aufenthalt würde mir mehr Schaden als nutzen.
Anti.-Depris wurden inzwischen abgesetzt (habe die ganze Paillette rauf und runter über Jahre z.T.sogar unter Zwang genommen alles ohne Erfolg (außer diversen Nebenwirkungen))

und was stand in meinem letzten Ga :confused:....... Patient verweigert Anti-Depri :kotzen:
Geduld bedeutet nicht, sich alles gefallen zu lassen.
Verständnis bedeutet nicht, alles zu billigen

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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von Jeannie » Mi 17. Jul 2013, 19:51

Danke für eure Antworten. Ist ja schon hahnebüchern, was manche hier so durchmachen müssen. Gut, dass es wohl doch noch einige gute Psychotherapeuten gibt, aber ich habe das Gefühl, dass diese immer weniger werden. K@lle, wie ist denn bei Dir der Stand der Dinge bezüglich Rente?

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Re: Viele Anfängerfragen

Ungelesener Beitrag von k@lle » Mi 17. Jul 2013, 20:08

nun hauptsächlich bin ich beim Warten......eigentlich müsste ich das ja inzwischen gewohnt sein ...glaub aber daran werde ich mich nie gewöhnen....

ansonsten hat Ga Nr.3 nach 1 Monat (Bedenkzeit?oder was auch immer)Begutachtung abgelehnt...

nun bin ich auf der Suche nach einem neuen Ga..
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Verständnis bedeutet nicht, alles zu billigen

(DalaiLama )

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