Krankengeldfalle-mehrere Termine vor dem BSG-16.12.14

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Anja12
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Krankengeldfalle-mehrere Termine vor dem BSG-16.12.14

Beitrag von Anja12 » So 14. Dez 2014, 13:10

Kurzfristige Terminansetzung des Bundessozialgerichtes in Kassel.
Mehrere Fälle zur "Krankengeldfalle" werden verhandelt.
Vielleicht hat der eine oder andere Interesse bei den Terminen
als Zuschauer dabei zu sein.
Im Forum: http://www.sozial-Krankenkassen-gesundheitsforum.de
gibt es weitere Infos dazu.
16.12.2014 : „BSG-Krankengeld-Falle“ – Hat das Unrecht nun ein Ende?


Über „künstliche Grenzen“ des Sozialen Rechtsstaates will das Bundessozialgericht am Dienstag, 16.12.2014, in Kassel entscheiden. Gleich 5 Revisionen sind zu den scheinbar harmlosen Rechtsfragen anhängig, wann eine unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden kann oder ob für die Entstehung des Krankengeldanspruchs die erstmalige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausreichend ist.

Was sich so und in der Terminvorschau des BSG – juris.bundessozialgericht.de/c…rt=tm&Datum=2014&nr=13669 – sehr nüchtern anhört, ist seit etwa 5 Jahren einer der schärfsten Brennpunkte des deutschen Sozialversicherungssystems: Banalitäten als Ursache für menschliche Schicksale!

Sich mehrende Einzelfälle werden gerne auf kleiner Flamme kocht. Bisher hat keine offizielle Stelle ausreichend deutlich Kritik geübt. Sozialverbände, Sozialrechtsanwälte, Gewerkschaften scheinen hilflos, haben offenbar resigniert. Und der Gesetzgeber bleibt untätig, obwohl das Thema bereits in offizielle Drucksachen eingegangen und Handlungsbedarf erkannt ist.

Die Probleme sind nämlich „hausgemacht“. Ausgerechnet das höchste deutsche „Sozialgericht“, das BSG in Kassel mit dem 1. Senat unter Leitung des Präsidenten Peter Masuch, ist dafür verantwortlich, dass sich nichts ändert. So ist leicht nachvollziehbar, dass es vom BSG zu allen möglichen Themen Termintipps und Medieninformationen gibt, bisher aber nicht zu den 5 Terminen am Dienstag, 16.12.2014 – bsg.bund.de/DE/03_Presse/presse_node.html

An sich ist vom BSG längst nichts mehr zu erwarten. Die letzten Entscheidungen vom 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R, –sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/e…s1=&s2=&words=&sensitive= – und vom 10.05.2012, B 1 KR 19/11 R, – sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/e…s1=&s2=&words=&sensitive= – sind ausreichend eindeutig.

Doch es rumort in der Sozialgerichtsbarkeit. Einzelne Sozialgerichte aus Rheinland-Pfalz haben dem obersten Hüter des Sozialrechts bereits im letzten Jahr Rechtsprechung „contra legem“ vorgehalten. Dies hat Peter Masuch mit seinem Senat im Urteil vom März dieses Jahres aber noch schlicht ignoriert – offenbar ebenso der VdK als Versicherten-Rechts-Vertreter: Querdenker müssen erst mal durch die zweite Instanz, die dritte Instanz ist bei gefestigter Rechtsprechung ohnehin verschlossen.

Für die Überraschung sorgten dann allerdings vier Urteile des 16. Senates des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 17.07.2014, L 16 KR 160/13, L 16 KR 208/13, L 16 KR 429/13, L 16 KR 146/14. Eines ist rechtskräftig geworden; die anderen drei stehen ungewöhnlich schnell bereits am 16.12.2014 – innerhalb von 5 Monaten! – auf dem BSG-Prüfstand.

Offenbar ist das BSG beeindruckt, zumal erst danach auch über die Revisionen zu zwei älteren Urteilen der LSG Niedersachsen-Bremen und Baden-Württemberg entschieden werden soll und so die Erkenntnisse aus Nordrhein-Westfalen einfließen können.

Die Urteile aus NSB und aus BW sind der breiten Öffentlichkeit vorenthalten worden; die Informationen also auf die Terminvorschau beschränkt. Die drei Urteile aus NRW sind allgemein zugänglich, der Reihe nach zu
1) sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/e….php?modul=esgb&id=171751
2) sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/e….php?modul=esgb&id=171682
3) sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/e….php?modul=esgb&id=171761

Jetzt darf mit Spannung erwartet werden, wie der Präsidenten-Senat des BSG mit diesem argumentativen Erkenntnis-Zugewinn umgeht. Nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Sozialgerichtsbasis wollen nachvollziehbare sozialrechtliche Orientierung.

Interessenten können ohne vorherige Anmeldung an den mündlichen Verhandlungen des Bundessozialgerichts teilnehmen. Allgemeine Hinweise dazu: bsg.bund.de/DE/WillkommenBox/0…sitzungsbesuche_node.html
Gruß
Anja

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Re: Krankengeldfalle-mehrere Termine vor dem BSG-16.12.14

Beitrag von reallyangry » Mo 15. Dez 2014, 06:40

Danke für das Einstellen dieser wichtigen Info.
Hoffentlich gibt sich das BSG einen Schups und beendet diese unsägliche Masche endlich. Ich möchte nicht wissen, wie viele Krankenversicherte zu Unrecht ihr Krankengeld verloren haben - und neben ihrer Gesundheit auch ihre finanzielle Lebensgrundlage - weil, meiner Ansicht nach fälschlicherweise das Krankengeld wegen einer nicht vorhandenen "Lücke" eingestellt worden ist.
LG
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Anja12
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Re: Krankengeldfalle-mehrere Termine vor dem BSG-16.12.14

Beitrag von Anja12 » Do 18. Dez 2014, 14:35

Leider schlechte Nachrichten vom BSG in Kassel:
Krankengeldfalle bleibt leider erhalten:

Kassel (jur). Der ärztliche „Auszahlschein“ für Krankengeld gilt immer erst für den Folgetag des Arztbesuchs. Das gilt nicht nur für die allererste, sondern auch für alle nachfolgenden Bescheinigungen, bekräftigte am Dienstag, 16. Dezember 2014, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 1 KR 31/14, B 1 KR 35/14 und B 1 KR 37/14). Auch eine geschlossene Praxis (Az.: B 1 KR 25/14) oder eine falsche Auskunft des Arztes (Az.: B 1 KR 19/14) muss die Krankenkasse nicht als Ausrede akzeptieren.

Versicherte, die nach sechs Wochen Lohnfortzahlung zum Krankengeld wechseln, müssen umdenken. Denn während für die Lohnfortzahlung eine nahtlose Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für alle Werktage ausreicht, gilt dies beim Krankengeld nicht mehr. Laut Gesetz „entsteht“ hier ein Anspruch erst für den Folgetag der ärztlichen Bescheinigung. Nach der Rechtsprechung des BSG gilt dies auch für die Folgebescheinigungen. Versicherte müssen daher den Arzt immer schon aufsuchen, noch bevor die aktuelle Bescheinigung ausgelaufen ist.

Weil dies häufig übersehen wird, sprechen Kritiker von einer „Krankengeldfalle“. Sie ist besonders gravierend für Versicherte, die – etwa wegen ihrer lang andauernden Krankheit – entlassen worden sind.

Das BSG bekräftigte, dass sie noch Anspruch auf Krankengeld haben, wenn dies spätestens am letzten Beschäftigungstag vom Arzt bescheinigt wird. Mit dem Krankengeldanspruch läuft dann auch das gesamte Krankenversicherungsverhältnis für bis zu anderthalb Jahre (genau 78 Wochen) fort (so schon Urteil und JurAgentur-Meldung vom 10. Mai 2012, Az.: B 1 KR 19/11 R). Wird aber eine Folgebescheinigung zu spät eingeholt, dann endet das „nachwirkende“ Versicherungsverhältnis und damit auch der Anspruch auf Krankengeld (so zuletzt Urteil und JurAgentur-Meldung vom 4. März 2014, Az.: B 1 KR 17/13 R).

In mehreren Fällen hatte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen diese Rechtsprechung infrage gestellt. Das Gesetz regele nur die Erstbescheinigung für das Krankengeld, auf die Folgebescheinigungen sei dies nicht anwendbar.

Das BSG hielt jedoch an seiner Rechtsprechung fest. Was für die Erstbescheinigung gelte, müsse auch für die weiteren Bescheinigungen gelten. Änderungen könne nur der Gesetzgeber selbst vornehmen. Trotz der langjährigen Rechtsprechung des BSG habe er dies aber bislang nicht getan.

In einem weiteren Fall hatte die Praxis am letzten Tag der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geschlossen. Der Versicherte rief seinen Arzt an und ging dann am nächsten Werktag in die Praxis. Das BSG entschied, dass die Krankenkasse auch dann eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht akzeptieren muss.

Im letzten Fall war der Versicherte rechtzeitig zum Arzt gegangen, der schickte ihn aber wieder nach Hause, weil zwei Tage später ohnehin ein Untersuchungstermin anstand. Auch solch ein Fehlverhalten des Arztes muss sich die Krankenkasse nicht zurechnen lassen, urteilte das BSG.

Für Arbeitnehmer, die trotz ihrer Krankheit weiter in einem Arbeitsverhältnis stehen, wirkt sich diese „Krankengeldfalle“ allerdings weniger gravierend aus. Sofern sie eine Folgebescheinigung zu spät einholen, kommt der Anspruch auf Krankengeld lediglich zum Ruhen. Am Folgetag der nächsten Bescheinigung lebt er aber wieder auf. Anspruch auf Krankengeld besteht wegen „derselben“ Krankheit längstens für anderthalb Jahre (genau 78 Wochen).
http://www.juraforum.de/recht-gesetz/kr ... ten-502066

Gruß
Anja

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Re: Krankengeldfalle-mehrere Termine vor dem BSG-16.12.14

Beitrag von reallyangry » Sa 20. Dez 2014, 09:49

"Lücke"
Es war nichts anderes zu erwarten. Hätte das BSG anders geurteilt, dann wäre die gängige Rechtsprechung zu Gunsten der KK zerplatzt wie ein Luftballon oder anders:
Der Volksmund würde sagen: Wir haben uns geirrt und einen Fehler gemacht.
Wäre so einfach gewesen.
Quintessenz: AU bis 03.01.2015 = Urlaub bis 03.01.2015
Bitte am 02.01.2015 die Arbeit aufnehmen, sonst ist da eine Lücke!
Oder noch anders:
Es gab mal einen Feldherren, der eine Burg belagerte. Die Burgleute gaben auf. Den Frauen wurde "Verschonung" versprochen. Den Männern drohte der sichere Tod.
Der Sieger erlaubte den Frauen, mit allem was sie tragen konnten, den Burgberg hinabzusteigen.
Das machten die Frauen und trugen die Männer auf ihrem Rücken den Berg hinab.
Sowohl die Männer als auch die Frauen wurden verschont, denn der Feldherr hielt Wort.
Vermutlich hatte der Feldherr erwartet, dass die Frauen den Begriff "Wertsache" anders interpretieren als er.

Man nennt das auch den Empfängerhorizont oder anders ausgedrückt:
Wo ist die Lücke???
Dafür muss man offensichtlich Richter sein.
LG
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