Thema Frühverrentung "Psyche" - Ärzteblatt 2/14
Verfasst: Mi 4. Mär 2015, 23:30
POLITIK
Psychische Erkrankungen und Frühverrentung: Therapie und Reha vor Rente
PP 13, Ausgabe Februar 2014, Seite 61
Bühring, Petra
Fast jede zweite neue Frühverrentung ist psychisch bedingt, ermittelte die Bundespsychotherapeutenkammer in einer aktuellen Studie. Ausreichende Therapieangebote und passende Rehabilitationsmöglichkeiten könnten gegensteuern.
Etwa 75 000 Versicherte bezogen 2012 erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund psychischer Erkrankungen. Fast jede zweite neue Frührente ist inzwischen psychisch verursacht (42 Prozent). Das ermittelte die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in einer neuen Studie zur Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit. Zugrunde liegen der Studie Daten der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung.
Durchschnittsalter: 49 Jahre
Die Betroffenen sind durchschnittlich 49 Jahre alt. Der Studie zufolge haben seit 2001 vor allem Depressionen (plus 96 Prozent), Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (plus 74 Prozent) sowie Suchterkrankungen (plus 49 Prozent) als Grund für eine Frühverrentung zugenommen. „Psychisch bedingte Frührenten könnten häufiger vermieden werden“, befand der Präsident der BPtK, Prof. Dr. Rainer Richter, bei der Vorstellung der Studie. „Es mangelt jedoch an Therapieplätzen und auch an ausreichenden und für sie maßgeschneiderten Rehabilitationsleistungen.“
Psychische Erkrankungen sind immer häufiger die Ursache für Krankschreibungen von Arbeitnehmern, gleich nach Muskel-Skelett-Erkrankungen. Auch 2012 stiegen sowohl der Anteil der Arbeitsunfähigkeits(AU)-Fälle als auch der Anteil der betrieblichen AU-Tage, der psychisch bedingt ist. Letzterer hat sich von 2000 bis 2012 fast verdoppelt (plus 96 Prozent). Inzwischen gehen knapp 14 Prozent aller betrieblichen Fehltage auf psychische Erkrankungen zurück. Diese Zunahme sei vor allem auf die immer längere Dauer der Krankschreibungen zurückzuführen. 2012 fehlte ein psychisch erkrankter Arbeitnehmer durchschnittlich 34 Tage.
Die hohe Zahl an Frühverrentungen liege auch daran, dass die Betroffenen zu selten oder nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Rehabilitationsleistungen erhielten, die ihnen die Rückkehr ins Arbeitsleben ermöglichen könnten, so die BPtK. Jeder zweite psychisch kranke Frührentner erhielt in den fünf Jahren vor dem Rentenbescheid keine Reha-leistung. Weniger als zehn Prozent dieser Frührentner wurde eine medizinische oder berufliche Rehabilitation empfohlen. Die Zahl der Rehamaßnahmen ist nicht im gleichen Maß gestiegen wie die Zahl der Erwerbsminderungsrenten wegen psychischer Erkrankungen. Im Jahr 2011 waren psychische Erkrankungen für circa 40 Prozent der neuen Frührenten verantwortlich. Aber nur 20 Prozent der Rehaleistungen wurden für Menschen mit psychischen Erkrankungen eingesetzt.
Psychisch Kranke gerieten zudem oftmals „in ein Hin-und-Her-Geschiebe zwischen Kranken- und Rentenversicherung“, so Richter. „Gerade psychisch Kranke sind damit überfordert.“ Die Krankenkasse könne Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist, aktiv auffordern, einen Rehaantrag zu stellen. Wenn aber der Gutachter einer Reha keine „Erfolgsprognose“ bescheinige, werde der Rehaantrag automatisch zu einem Rentenantrag. „Das ist eine Regelung, die die Misere, die in die Frühverrentung führt, unnötig verstärkt“, kritisierte Richter. Circa die Hälfte der Rentenanträge werde bewilligt. Werden Krankenversicherte zu Frührentnern, entfällt ihr Anspruch auf Krankengeld. „Wir haben den Eindruck, dass hier zwei Sozialversicherungen nicht an einem Strang ziehen, um psychisch Kranken zu helfen, wieder zu gesunden und arbeitsfähig zu werden“, befand der BPtK-Präsident.
Denn Arbeit sei auch eine wichtige gesundheitliche Ressource. „Durch Arbeit erfahren wir wichtige Bestätigung unseres Selbstwertes und erleben, für die Gesellschaft nützlich zu sein“, so Richter. Diese stärkenden Faktoren fehlten Frührentnern und Arbeitslosen. So seien Langzeitarbeitslose überdurchschnittlich häufig psychisch krank: 37 Prozent der Hartz-IV-Empfänger (Arbeitslosengeld II) sind psychisch krank, im Vergleich zu 22 Prozent der Berufstätigen. Gerade bei depressiv erkrankten Menschen sei es deshalb wichtig, sie fachgerecht zu behandeln und beim Wiedereinstieg in das Arbeitsleben zu unterstützen, statt sie vorzeitig in Rente zu schicken, so Richter. Die häufigste Erkrankung, die zur Frühverrentung führt, ist die Depression.
Politischer Handlungsbedarf
Die Bundespsychotherapeutenkammer leitet aus ihrer Studie politischen Handlungsbedarf ab. Sie fordert eine bessere betriebliche Prävention und Früherkennung von psychischen Erkrankungen, den Abbau der Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie, mehr Behandlungsplätze für psychisch Kranke sowie eine bessere Abstimmung zwischen Kuration und Rehabilitation. Der Grundsatz „Reha vor Rente“ müsse stärker befolgt werden. Rehaleistungen für psychisch kranke Menschen müssten zudem angepasst und bedarfsorientiert ausgebaut werden.
Petra Bühring
@ Die Studie „Psychische Erkrankungen und gesundheitsbedingte Frühverrentung“ im Internet:
www.aerzteblatt.de/pp1461
Ich stehe zwar erst noch am Anfang "MEINES FALLS" , aber bei dem, was ich bisher in 7 Monaten AU erfahren habe und im Forum hier hab lesen können, schaudert es mich ehrlich gesagt jetzt schon.
LG
Unwissend
Psychische Erkrankungen und Frühverrentung: Therapie und Reha vor Rente
PP 13, Ausgabe Februar 2014, Seite 61
Bühring, Petra
Fast jede zweite neue Frühverrentung ist psychisch bedingt, ermittelte die Bundespsychotherapeutenkammer in einer aktuellen Studie. Ausreichende Therapieangebote und passende Rehabilitationsmöglichkeiten könnten gegensteuern.
Etwa 75 000 Versicherte bezogen 2012 erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund psychischer Erkrankungen. Fast jede zweite neue Frührente ist inzwischen psychisch verursacht (42 Prozent). Das ermittelte die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in einer neuen Studie zur Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit. Zugrunde liegen der Studie Daten der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung.
Durchschnittsalter: 49 Jahre
Die Betroffenen sind durchschnittlich 49 Jahre alt. Der Studie zufolge haben seit 2001 vor allem Depressionen (plus 96 Prozent), Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (plus 74 Prozent) sowie Suchterkrankungen (plus 49 Prozent) als Grund für eine Frühverrentung zugenommen. „Psychisch bedingte Frührenten könnten häufiger vermieden werden“, befand der Präsident der BPtK, Prof. Dr. Rainer Richter, bei der Vorstellung der Studie. „Es mangelt jedoch an Therapieplätzen und auch an ausreichenden und für sie maßgeschneiderten Rehabilitationsleistungen.“
Psychische Erkrankungen sind immer häufiger die Ursache für Krankschreibungen von Arbeitnehmern, gleich nach Muskel-Skelett-Erkrankungen. Auch 2012 stiegen sowohl der Anteil der Arbeitsunfähigkeits(AU)-Fälle als auch der Anteil der betrieblichen AU-Tage, der psychisch bedingt ist. Letzterer hat sich von 2000 bis 2012 fast verdoppelt (plus 96 Prozent). Inzwischen gehen knapp 14 Prozent aller betrieblichen Fehltage auf psychische Erkrankungen zurück. Diese Zunahme sei vor allem auf die immer längere Dauer der Krankschreibungen zurückzuführen. 2012 fehlte ein psychisch erkrankter Arbeitnehmer durchschnittlich 34 Tage.
Die hohe Zahl an Frühverrentungen liege auch daran, dass die Betroffenen zu selten oder nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Rehabilitationsleistungen erhielten, die ihnen die Rückkehr ins Arbeitsleben ermöglichen könnten, so die BPtK. Jeder zweite psychisch kranke Frührentner erhielt in den fünf Jahren vor dem Rentenbescheid keine Reha-leistung. Weniger als zehn Prozent dieser Frührentner wurde eine medizinische oder berufliche Rehabilitation empfohlen. Die Zahl der Rehamaßnahmen ist nicht im gleichen Maß gestiegen wie die Zahl der Erwerbsminderungsrenten wegen psychischer Erkrankungen. Im Jahr 2011 waren psychische Erkrankungen für circa 40 Prozent der neuen Frührenten verantwortlich. Aber nur 20 Prozent der Rehaleistungen wurden für Menschen mit psychischen Erkrankungen eingesetzt.
Psychisch Kranke gerieten zudem oftmals „in ein Hin-und-Her-Geschiebe zwischen Kranken- und Rentenversicherung“, so Richter. „Gerade psychisch Kranke sind damit überfordert.“ Die Krankenkasse könne Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist, aktiv auffordern, einen Rehaantrag zu stellen. Wenn aber der Gutachter einer Reha keine „Erfolgsprognose“ bescheinige, werde der Rehaantrag automatisch zu einem Rentenantrag. „Das ist eine Regelung, die die Misere, die in die Frühverrentung führt, unnötig verstärkt“, kritisierte Richter. Circa die Hälfte der Rentenanträge werde bewilligt. Werden Krankenversicherte zu Frührentnern, entfällt ihr Anspruch auf Krankengeld. „Wir haben den Eindruck, dass hier zwei Sozialversicherungen nicht an einem Strang ziehen, um psychisch Kranken zu helfen, wieder zu gesunden und arbeitsfähig zu werden“, befand der BPtK-Präsident.
Denn Arbeit sei auch eine wichtige gesundheitliche Ressource. „Durch Arbeit erfahren wir wichtige Bestätigung unseres Selbstwertes und erleben, für die Gesellschaft nützlich zu sein“, so Richter. Diese stärkenden Faktoren fehlten Frührentnern und Arbeitslosen. So seien Langzeitarbeitslose überdurchschnittlich häufig psychisch krank: 37 Prozent der Hartz-IV-Empfänger (Arbeitslosengeld II) sind psychisch krank, im Vergleich zu 22 Prozent der Berufstätigen. Gerade bei depressiv erkrankten Menschen sei es deshalb wichtig, sie fachgerecht zu behandeln und beim Wiedereinstieg in das Arbeitsleben zu unterstützen, statt sie vorzeitig in Rente zu schicken, so Richter. Die häufigste Erkrankung, die zur Frühverrentung führt, ist die Depression.
Politischer Handlungsbedarf
Die Bundespsychotherapeutenkammer leitet aus ihrer Studie politischen Handlungsbedarf ab. Sie fordert eine bessere betriebliche Prävention und Früherkennung von psychischen Erkrankungen, den Abbau der Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie, mehr Behandlungsplätze für psychisch Kranke sowie eine bessere Abstimmung zwischen Kuration und Rehabilitation. Der Grundsatz „Reha vor Rente“ müsse stärker befolgt werden. Rehaleistungen für psychisch kranke Menschen müssten zudem angepasst und bedarfsorientiert ausgebaut werden.
Petra Bühring
@ Die Studie „Psychische Erkrankungen und gesundheitsbedingte Frühverrentung“ im Internet:
www.aerzteblatt.de/pp1461
Ich stehe zwar erst noch am Anfang "MEINES FALLS" , aber bei dem, was ich bisher in 7 Monaten AU erfahren habe und im Forum hier hab lesen können, schaudert es mich ehrlich gesagt jetzt schon.
LG
Unwissend