ich hatte heute wieder einmal das Vergnügen, als Begleitung einem Gutachtertermin bei einem GA der DRV beiwohnen zu dürfen und wollte Euch mal den Ablauf schildern.


Meine Freundin war ja seit Juli 2014 bis November 2015 krank geschrieben, u.a. wegen Depressionen, Migräne, chronische Schmerzen und hatte ja im September 2015 eine Reha von knapp einer Woche gehabt, die eigentlich voll in die Hose ging. Der Antrag auf EM-Rente wurde ja abgelehnt und die Situation ist jetzt so, dass sie aus dem Widerspruchsverfahren jetzt diesen neurologisch psychiatrischen GA-Termin hatte. Nach der fehlgeschlagenen Reha hat die DRV eine Umeinweisung in eine andere Klinik bewilligt und sie wird nun ab dem 06.01.2016 eine fünfwöchige Reha antreten, bei der sie die nun vierjährige Tochter wieder mitnimmt. Der zehnjährige Bruder bleibt beim Vater.
Nachdem die Krankenkasse ihr den 11.11.2015 als Aussteuerungstermin genannt hat, hat sie eine Wiedereingliederung gemacht und das Arbeiten versucht, mit eher mäßigen Erfolg, weil sie den Gang zur AfA unbedingt vermeiden wollte (gegen meinen Rat). Sie hat dann insgesamt sechs Tage gearbeitet und dann Urlaub genommen (durch viel Alturlaub hat sie nun Urlaub bis zum 04.01.2016).
Zur Vorbereitung auf den heutigen Gutachtertermin haben wir einen Migräne-Kalender, einen Medikamenteneinnahmeplan und analog zu dem Fragebogen zur Vorgeschichte aus dem letzten GA-Termin eine aktuelle Variante für das heutige GA gemacht, mit den Standardfragen. U.a. z.B. Welche Beschwerden beeinträchtigen Sie besonders? Angaben zu Erkrankungen meiner Eltern / Geschwister / Kinder (insbesondere Erbkrankheiten, Veranlagungen, ggf. Todesursache). Schilderung der eigenen Krankengeschichte, Anschriften der behandelnden Ärzte, Angaben zum Arbeitsverhältnis (Arbeitszeit und Arbeitsweise, äußere Einflüsse, Beanspruchung des Bewegungsapparates und de Sinnesorgane), Folgende Arbeiten belasten mich besonders oder kann ich mir noch zutrauen - und natürlich Führerschein und Pkw.

Nun also heute war nun der GA-Termin um 13.30 Uhr beim Neurologen/Psychiater direkt im Wohnort meiner Freundin. Ankunft kurz vorher, dann kurz an die Anmeldung, wo die Empfangsdame erst mal anfing, vergeblich die Unterlagen zum GA zu suchen. Dann schickte sie uns ins Wartezimmer und rief quer durch die Praxis: "Hast Du die Unterlagen zu dem GA gesehen? Ich finde sie grad nicht." Die Antwort des Arztes war nicht zu hören (es ist eine Ein-Mann-Praxis).

Nach zwanzig Minuten holte der Arzt uns ab. Zuerst lies er sich von meiner Freundin den Ausweis zeigen, damit er auch weiß, wer denn die richtige Frau ist und fing dann an. "Sie kommen ja wegen der Erwerbsminderungsrente. Weswegen sollten sie die denn bekommen?" Sie hat dann versucht zu erzählen, dass sie Depressionen, Rückenschmerzen, Migräne etc. hat und da ging es dann los.
"Rückenschmerzen hat jeder mal, die hab ich auch, da steh ich dann halt mal auf und geh etwas rum, dann geht das schon. Sie bekommen ja Tabletten und die helfen doch, da können sie doch keine Depressionen haben".


"Wann haben sie denn ihren Arbeitsplatz verloren?" Darauf sie: "Ich hab meinen Arbeitsplatz nicht verloren". Er war überrascht und blätterte wild in der Akte herum, hat aber nicht gefunden, was er gesucht hat. Nächste Frage: "Beschreiben Sie doch mal die Migräne, wenn sie die haben." Das hat sie dann gemacht, dann wollte er wissen, wie oft sie denn so Migräne hätte. Da haben wir ihm dann den Migräne-Kalender gegeben. Dann wollte er bestätigt habe, dass sie alleinerziehend ist und wie alt die Kinder sind.
Das nächste war dann die Frage nach den Medikamenten, da hat er dann den Einnahmeplan bekommen. Dann fragte er nach ihren Hobbies, da wusste sie erst nichts drauf zu sagen, dann legte er ihr quasi in den Mund, "aber sie gehen doch bestimmt gern spazieren. Irgendein Hobby müssen sie doch haben". Das war auch so ein Moment, an dem ich mich extra zurückgehalten habe.

Dann lies er meine Freundin ihren Schal ablegen und die Schuhe ausziehen und sich auf eine Liege legen. Eine Runde Hämmerchen, um die Reflexe zu prüfen und dann meinte er so für sich, na ja, Taubheitsgefühle haben sie ja nicht. Da hat meine Freundin dann gesagt, doch in den Füßen. Da musste sie dann die Socken ausziehen und er bog ein wenig an den Füßen herum und sagte dann, sie hätte da ja fast so was wie Hammerzehen, da drückt bestimmt der Nerv etwas. Beine noch ein wenig nach oben biegen, dann konnte sie sich wieder anziehen.
Dann war der Spuk schon fast vorbei, da hab ich dann doch was gesagt und zwar zum Thema Haushalt. Ich hab ihm dann erzählt, dass sie eigentlich immer stolz auf ihren Haushalt gewesen ist und alles tip top war und dass jetzt die große Tochter kommt, um beispielsweise das Fensterputzen und andere schwere Aufgaben zu übernehmen. Da war er dann sehr überrascht, dass sie noch eine große Tochter hat (jetzt 26 Jahre alt, studierte Bauingenieurin), ihm fiel dann aber ein, dass er ja irgendwo was über eine Bauingenieurin gelesen hat.

Dann waren wir draußen und stellten fest, dass das Ganze nicht mal dreißig Minuten gedauert hat. Vermutlich wird er volle Erwerbsfähigkeit bescheinigen, obwohl er mittendrin gemeint hat, sie solle doch mal über einen Arbeitsplatz mit leichten Tätigkeiten in wechselnder Haltung nachdenken (und sagte gleich danach mehr zu sich selbst: "so einen Arbeitsplatz zu finden, ist ja fast ausgeschlossen").
Viele Grüße an alle


Royan