Was ist beim Gutachtenstermin zu beachten

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Dummy
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Was ist beim Gutachtenstermin zu beachten

Ungelesener Beitrag von Dummy » Fr 10. Sep 2010, 18:09

Bei einem Gutachtenstermin geht es auch immer um Ihre Glaubwürdigkeit. Wenn Sie z.B. bei einem ärztlichen Gutachtenstermin Tatsachen geäußert haben (die ggf. auch falsch beim Gutachter ankamen), die dann später bei einer eventuellen Gerichtsverhandlung berichtigt oder ergänzt werden müssen, dann ist Ihre Glaubwürdigkeit herabgesetzt. Deshalb ist es unbedingt erforderlich gut vorbereitet zu einem Gutachtenstermin, einer Gerichtsverhandlung usw. zu gehen. Haben Sie das Gefühl, dass der Gutachter etwas falsch verstanden haben könnte, wiederholen Sie Ihre Angabe.

Egal bei welcher Gelegenheit eine Äußerung stattfindet, egal ob schriftlich oder mündlich, es sollte immer genau erkenntlich sein wie und was gemeint ist. „Ich habe beim Fenster putzen immer Hilfe.“ ist etwas anderes als: „Beim Fenster putzen kann ich selbst nicht mehr mitarbeiten, ich kann nur noch aufpassen und anleiten.“ Der erste Satz ist nicht falsch, denn es ist Hilfe da, er ist aber unvollständig und verursacht falsche Rückschlüsse auf Ihre Restleistungsfähigkeit. Nur der zweite Satz stellt klar, dass Sie beim Fenster putzen nicht mehr aktiv mitarbeiten können. Alles was Sie äußern muss den Tatsachen entsprechen, alle vorstehenden und nachfolgenden Beispiele sind allein Beispiele und müssen der jeweiligen Situation auf zutreffende Weise angepasst werden.

Je mehr Tätigkeiten Sie in Haushalt, Garten + Hobbybereich ausführen können, umso geringer wird die Chance auf eine Rentenzahlung. Drei und mehr Stunden Arbeit täglich in Haushalt und / oder Garten verhindern die Zahlung der vollen Erwerbsminderungsrente, es gibt dann die teilweise Erwerbsminderungsrente (Halbrente). Können noch 6 Stunden oder mehr „gearbeitet“ werden, gibt es keine Erwerbsminderungsrente. Sind Sie selbst oder auch die behandelnden Ärzte also der Meinung, dass die Erwerbsfähigkeit zwar schon gemindert ist, trotzalledem aber noch 6 Stunden gearbeitet werden kann, dann ist das Verfahren aussichtslos und der Rentenantrag braucht nicht gestellt oder kann zurückgezogen werden. Es entstehen keine Nachteile, wenn man einen Rentenantrag zurückzieht.

Einflüsse auf die Erwerbsfähigkeit, die nicht von einer Krankheit kommen, brauchen nicht angegeben zu werden, weil diese keine Berücksichtigung finden können. Solche Einflüsse können sogar negativ wirken, weil sie dazu dienen können, die Rentenablehnung zu begründen (Eigentor). Wenn Sie wegen der schreienden Kinder oder wegen dem Lärm auf der Straße unter nächtlicher Schlaflosigkeit leiden oder wenn Sie wegen eines betreuungsbedürftigen Angehörigen mit den Nerven am Ende sind und deshalb nicht arbeiten können, ist dies kein bei den Rentenversicherungsträgern versichertes Risiko und die Rentenzahlung wird zu Recht abgelehnt.

Es dient nicht der wahrheitsgemäßen Sachaufklärung die Situation besser darzustellen als sie ist (was immer u.A. dann passiert, wenn man etwas vergisst, oder wenn z.B. die Meinung geäußert wird: „Es wird schon noch irgendwie gehen.“). Insbesondere darf man sich nicht minderwertig vorkommen, wenn viele Tätigkeiten, die früher problemlos zu erledigen waren nun nicht mehr getan werden können. Werden Sie nach Hobbys gefragt und geben Sie ein oder mehrere Hobbys an, ohne den Zusatz, dass Sie diese Hobbys schon nicht mehr ausüben können (wenn es tatsächlich so wäre), kommt dies falsch bei der anderen Seite an und wirkt sich nachteilig auf die Rentengewährung aus.

Wenn Sie noch Hausarbeiten ausüben können, dies aber mit dem vielfachen Zeitaufwand, muss dies auch genau so gesagt werden. „Ich bügle zweimal in der Woche Hemden“ genügt nicht. In diesem Fall muss es z.B. heißen: „Ich bügle zweimal in der Woche Hemden, wobei ich für jedes Hemd eine halbe Stunde brauche und mich nach jedem Hemd für 15 Minuten ausruhen muss. Früher habe ich für jedes Hemd nur 10 Minuten gebraucht.“ (Immer gilt bei den aufgeführten Beispielen: „Wenn es so wäre !“) Wenn Sie alle üblichen Haus- Garten- und Hobbyarbeiten noch ausüben können, wird die Rente auch dann nicht gewährt, wenn Sie alles nur noch mit einem mehrfachen Zeitaufwand erledigen können.

Werden für Hausarbeiten Hilfsmittel oder sonstige Erleichterungen benutzt, geben Sie dies an ! Es ist ein Unterschied, ob Sie zum Kartoffeln schälen eine Kartoffelschälmaschine benutzen oder ob Sie dies von Hand machen. Es ist ein Unterschied, ob Sie die Betten nur deshalb machen können, weil das Bettgestell extra erhöht wurde und Sie sich deshalb nicht bücken müssen, oder ob Sie ganz normal die Betten machen.

Verarbeiten Sie z.B. jeden Tag frisches Gemüse in der Küche, wird der Gutachter davon ausgehen, dass Erwerbstätigkeiten, die hohe Anforderungen an die Feinmotorik der Hände stellen, noch ausgeübt werden können. Können Sie aber schon keine Kartoffeln mehr schälen, keinen Rosenkohl mehr putzen usw., obwohl Sie das gern essen würden, darf also nicht gesagt werden: „Ich esse gern jeden Tag frisches Gemüse.“ sondern: „Ich würde gern täglich frisches Gemüse essen, muss aber Tiefkühlgemüse nehmen, weil ich die Zubereitung nicht mehr vornehmen kann.“

Unglaubwürdig ist es, wenn Sie z.B. wegen Schmerzen/Versteifungen in den Händen und Fingern nicht mehr schreiben können weil der Stift nicht gehalten werden kann, andererseits Sie aber Näharbeiten machen oder Kartoffeln von Hand schälen.

Sind Sie Mitglied in einem Verein, waren dort aber aus gesundheitlichen Gründen seit X Jahren nicht mehr aktiv, dann reicht es nicht zu sagen: „Ich bin Mitglied im YY-Verein.“ Der Gutachter fragt dann wahrscheinlich, was dort alles gemacht wird. Sie beschreiben dann die geselligen Abende, die gemeinsamen Ausflüge, Wanderungen, es werden schöne Erinnerungen geweckt. Dadurch ergibt sich ein vollkommen falsches Bild und Sie haben Ihre Aufklärungspflicht zum eigenen Nachteil verletzt. Es muss in diesem Fall gesagt werden: „Ich bin Mitglied im YY-Verein, war aber seit X Jahren wegen meiner schlechten Gesundheit nicht mehr dabei.“ Fragt der Gegenüber was in diesem Verein alles so gemacht wird, dann kann die Antwort z.B. lauten:“ Ich weiß es nicht mehr genau, weil ich seit X Jahren nicht mehr aktiv sein konnte.“ Was früher war steht nicht zur Debatte. Meist ist der Zeitraum seit etwa 1 Jahr (oder weniger) vor der Rentenantragstellung gefragt.

Sie sollten auch ungefragt auf gesundheitlich einschränkende Umstände hinweisen, dies wird erleichtert, wenn alles aufgeschrieben ist und die Notizen beim Gutachter abgegeben werden.

Beschäftigungen wie Bücher lesen, Musik hören, Hörspiele hören, anspruchsvolle Fernsehsendungen sehen usw., bei denen die Intellektuelle Leistungsfähigkeit gefordert ist lassen ebenfalls Rückschlüsse auf Ihre (geistige) Leistungsfähigkeit zu. Auch hier gilt wieder, wenn Sie dies früher gern gemacht haben und jetzt nicht mehr können, dann muss dies auch so gesagt werden. Können Sie einem Gespräch mit einem Gutachter, aufmerksam, konzentriert und ohne falsche Antworten über einen längeren Zeitraum folgen, lässt dies Rückschlüsse auf eine gute Konzentrationsfähigkeit und auf einen guten „Energievorrat“ (langsame Ermüdung) zu. Stellt der Gutachter nach 90 Minuten Gespräch z.B. fest, dass er in den Unterlagen liest, dass der Vater gestorben ist und die Mutter noch lebt und sie berichtigen „wie aus der Pistole geschossen“, dass es genau andersherum sei, dann weiß der Gutachter, dass sie sich nach 90 Minuten (anstrengendem) Gespräch immer noch voll konzentrieren können.

Beantworten Sie die gleiche, schon zum vierten Mal vom Gutachter gestellte Frage immer noch geduldig, lässt dies Rückschlüsse auf eine duldsame Grundpersönlichkeit zu, wenn nicht eine offensichtliche Vergesslichkeit vorliegt. Es ist für das Verfahren und für die Wahrheitsfindung günstiger, wenn Sie sich zum Gutachtenstermin so darstellen wie Sie sind und wie es Ihnen ansonsten auch geht. „Zusammenreißen“ bringt ein falsches Bild, genauso wie Übertreibungen. Wollen Sie nach der dritten gleichen Fragestellung am liebsten sagen, dass Sie diese Frage schon zweimal beantwortet haben, tun Sie es. Es entspricht Ihrer Persönlichkeit und die soll man zum Gutachtenstermin so darstellen wie sie ist, dass erhöht Ihre Glaubwürdigkeit.

Wenn sogenannte Kleinigkeiten, wie z.B. Schwindel, Schwarz werden vor den Augen, Ohnmachtsanfälle usw. vorhanden sind, muss man dies unbedingt ansprechen. Bei Schwindelanfällen können Sie sich selbst und Arbeitskollegen auf einer Arbeitsstelle gefährden. Regelmäßig muss auch angegeben werden, wie oft und in welchen Abständen Schwindelanfälle usw. im Durchschnitt auftreten. Es ist daher sinnvoll, alle gesundheitlichen Beeinträchtigungen, auch die „Kleinigkeiten“ auf dem Spickzettel aufzuschreiben und diesen Spickzettel während des jeweiligen Termins zu benutzen.

Wichtig ist es darzustellen, dass meist nicht ein Tag wie der Andere ist. Wenn Sie also an einem Tag für eine Stunde einkaufen können und am anderen Tag können Sie, weil z.B. die Beine dann wieder schmerzen, unmöglich einkaufen, können dafür aber für eine Stunde Wäsche zusammenlegen, am dritten Tag können Sie dann für eine Stunde Staub wischen, muss dies auch so gesagt werden. Fragt ein Gutachter oder Richter: „Was können Sie noch für Tätigkeiten verrichten ?“ und Sie antworten dann: „Ich kann noch für je eine Stunde einkaufen gehen, Wäsche zusammenlegen und Staub wischen“, dann ist eine rechnerische Arbeitszeit von drei Stunden (täglich) vorhanden und damit gibt es meist keine volle Erwerbsminderungsrente mehr. Sagen Sie aber: „Ich kann für etwa eine Stunde am Tag noch Tätigkeiten verrichten, z.B. einkaufen gehen oder Wäsche zusammenlegen oder Staub wischen“ ist eine wahrheitsgemäße Situation gegeben, wenn tatsächlich nur noch für eine Stunde am Tag (ggf. mit Pausen) Hausarbeiten verrichtet werden können.

Auch das beliebte Spazierengehen lässt Rückschlüsse auf die Restleistungsfähigkeit zu, ebenso Auto und Fahrrad fahren. Wenn Sie jeden Tag zwei Stunden spazieren gehen, sich aber alle 15 Minuten irgendwo hinsetzen müssen für 20 Minuten zum Ausruhen, dann muss dies auch so gesagt werden. Falsch ist in diesem Fall: „Ich gehe jeden Tag zwei Stunden spazieren.“ Richtig ist z.B.: „Wenn ich für höchstens 2 Stunden spazieren gehen kann, dann muss ich mich alle Viertelstunde hinsetzen und für 20 Minuten ausruhen. Auch kann ich nur noch langsam laufen und schaffe höchstens noch 400 Meter am Stück.“ Wenn Sie viermal am Tag eine Wegstrecke von 500 Metern auch mit Gehstützen in akzeptabler Zeit (20 Min.) am Stück zurücklegen können, geht die DRV davon aus, dass Sie eine Arbeitsstätte ohne größere Probleme erreichen können und auch auf der Arbeitsstelle ausreichend mobil sind. Können Sie dies nicht mehr, deutet dies auf die Rentenberechtigung hin. Können Sie noch Auto fahren, halbiert sich die obengenannte Strecke, Sie müssen also nur noch 250 Meter am Stück laufen können, weil der Rest mit dem Auto zurückgelegt werden kann.

Wenn Sie auf die Frage „Können Sie noch Auto fahren ?“ einfach mit „Ja“ antworten, dann ist dies zu wenig. Auch hier müssen die tatsächlichen Gegebenheiten dargestellt werden, geben Sie zeitliche oder räumliche Begrenzungen an. Wenn Sie nur in Begleitung fahren können, sagen Sie auch dies. Können Sie noch größere Strecken, in unbekannter Umgebung und für mehrere Stunden Auto fahren, ist dies eher ein Indiz dafür, dass Sie nicht rentenberechtigt sind. Wenn Sie sich im Auto unsicher fühlen, geben Sie dies so an und dann sollten Sie tatsächlich besser öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder sich fahren lassen, auch um zum Gutachtenstermin zu gelangen.

Wenn Sie zu einem Gutachtenstermin gehen, müssen Sie damit rechnen, dass Sie von Schwestern oder Ärzten beobachtet werden, wenn Sie im Wartezimmer sitzen, während Sie sich aus- oder ankleiden, wenn Sie auf die Untersuchungsliege steigen, oder diese verlassen oder wenn Sie die Untersuchungsstelle nach Beendigung des Begutachtungstermins verlassen und ins Auto einsteigen. Es bringt also auch hier nichts, wenn man sich „zusammenreißt“, weil man sich in der Öffentlichkeit schließlich keine Blöße geben möchte.

Regelmäßig verwenden viele Antragsteller überdurchschnittlich viel Zeit für Arztbesuche und medizinisch bedingte Selbstpflege auf, auch die normale Körperpflege dauert meist länger. Oftmals ist Hilfe beim Anziehen von Socken und Schuhen nötig. Dies muss so geschildert werden, wenn es zutrifft. Wird der Tagesablauf abgefragt, darf dieser Teil des Tagesablaufes nicht unter den Tisch fallen. Auch wenn Sie zur Maniküre und zur Pediküre gehen müssen, weil Sie dies nicht mehr selbst tun können, soll dies geäußert werden, ggf. auch auf dem Spickzettel enthalten sein.

Wenn Sie zweimal im Monat ins Thermalbad gehen, weil es Ihnen gesundheitlich gut tut (z.B. Schmerzlinderung) ist dies auch genauso vorzutragen. Wenn Sie den Eindruck erwecken, dass Sie aus purer Freude zweimal im Monat ins Thermalbad gehen, wird sich dies negativ auswirken. Gleichartig gilt dies für alle andere Aktivitäten.

War der Freundeskreis früher groß und ist er es jetzt nicht mehr, weil Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an den verschiedenen Aktivitäten teilnehmen können, muss man auch dieses auch ohne Scham ansprechen. Die schleichend-wachsende soziale Isolation ist für jeden Richter und Gutachter ein Indiz für vorhandene gesundheitliche Probleme.

Wenn Sie auf Hilfe angewiesen sind, sollten Sie die Personen, die Ihnen helfen (Schwester, Schwiegervater, Nachbarin, Sohn usw.) und den Restarbeitsumfang, den Sie noch ausüben können, benennen. Dies erhöht Ihre Glaubwürdigkeit. Wenn Sie einfach sagen: „Die Familie hilft mir“, steckt in diesem Satz auch der Gedanke, dass Sie Etliches noch alleine machen, denn helfen bedeutet z.B. nicht, dass die ganze Arbeit abgenommen wird. Wenn Ihre Familie also dahingehend hilft, dass Sie verschiedene Tätigkeiten gar nicht mehr ausüben können, muss dies auch genauso gesagt werden.

Sie sollten sich von jedem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geben lassen, auch dann wenn Sie schon von einem anderen Arzt zur gleichen Zeit krankgeschrieben sind, wenn Sie selbständig oder Hausfrau sind, oder wenn Sie kein Krankengeld mehr bekommen. Die Ärzte vermerken jede Krankschreibung in den Patientenunterlagen. Wenn Sie z.B. wegen Rückenbeschwerden krank geschrieben sind und ein Nervenarzt möchte Sie zusätzlich zur gleichen Zeit krankschreiben, nehmen Sie die zusätzliche Krankschreibung an. Andernfalls kann Folgendes passieren: Wenn später Ihre ärztlichen Unterlagen von einem Versicherungsträger angefordert werden, wird der Versicherungsträger sehen können, dass Sie z.B. mit den Nervenbeschwerden nicht krankgeschrieben waren. Die Schlussfolgerung beim Versicherungsträger ist dann oftmals: „Dann waren die Nervenbeschwerden nicht so schlimm, die Rückenbeschwerden allein reichen nicht für die Rente.“

Haben Sie einen Gutachtenstermin z.B. bei einem Orthopäden, kann es passieren, dass dieser Orthopäde sich auf sein Fachgebiet bei der Untersuchung beschränkt. Sie sollten den Orthopäden von sich aus über alle anderen Krankheitsbilder aufklären, weil andere Krankheiten das engere orthopädische Krankheitsbild beeinflussen können. Außerdem bestehen Sie nicht nur aus einem Rücken oder einer Hüfte, sondern sind ein ganzer Mensch und deshalb muss die Restleistungsfähigkeit insgesamt eingeschätzt werden, das schreibt auch der Gesetzgeber so vor.

Die geschilderten Beispiele gelten analog für alle Lebensbereiche. Wenn Sie täglich drei Stunden oder mehr selbständig, ohne Hilfe irgendwelche Arbeiten in Haushalt und / oder Hobbybereich ausüben können, bekommen Sie keine volle Erwerbsminderungsrente. Wenn Sie täglich 6 Stunden oder mehr selbständig, ohne Hilfe irgendwelche Arbeiten in Haushalt, Garten, Hobby ausüben können, bekommen Sie meist keine Rente. Dazwischen (von 3 bis unter 6 Stunden) gibt es die teilweise Erwerbsminderungsrente. Je komplexer und schwieriger die Tätigkeiten sind, die Sie noch ausüben können, umso kleiner wird die Chance, dass die Rente gewährt werden kann. Deshalb ist es unbedingt falsch, wenn man bei Gutachtensterminen, Gerichtsterminen usw. aus Scham oder Minderwertigkeitsgedanken heraus die ganze Situation besser als sie ist oder unvollständig darstellt. Sie können nichts für Ihre Erkrankung, ein Schicksalsschlag hat Sie getroffen und deshalb dürfen Sie Hilfe annehmen. Hilfe erschweren Sie, wenn Sie falsche oder unvollständige Formulierungen wählen. Der beste Fachmann kann später nur schwer aus der Welt schaffen, was falsch angegeben wurde.

Muss ein Belastungs-EKG nach relativ kurzer Zeit bei einer Belastungsstufe von 50 Watt beendet werden, deutet dies auf die Rentenberechtigung hin. Auch mit 75 Watt kann im Einzelfall Rente gewährt werden, wenn die begleitenden gesundheitlichen Einschränkungen stärker ausgeprägt sind. Wenn bei der jeweiligen Behörde im Laufe der Zeit ein dicker Packen Arztberichte vorliegt und irgendwo in diesem Packen sind die Ergebnisse des Belastungs-EKG, kann ein solches Einzelblatt übersehen werden (dies gilt ggf. auch für die Wegstrecke - weiter oben beschrieben). Man muss hierwegen keinen Vorwurf machen, es steckt sicher kein böser Wille dahinter. Aber man muss ggf. darauf aufmerksam machen, dass solche Ergebnisse vorhanden sind.

Sollten Sie „ausgefeilte“ Schreiben an Behörden über Ihren Gesundheitszustand usw. nur deshalb in dieser „ausgefeilten“ Form schreiben können, weil eine Vertrauensperson Ihnen dabei hilft, oder sogar vollständig für Sie schreibt, dann müssen Sie diesen Umstand am Schluss jedes dieser Schreiben vermerken: „ Dieses Schreiben hat meine Schwester für mich geschrieben.“ Tun Sie dies nicht, kann die Behörde falsche Rückschlüsse auf Ihre geistige Leistungsfähigkeit ziehen.

Wenn Sie den ganzen Tag mit Schmerzen leben müssen und zu einer Gerichtsverhandlung, zu einem Gutachtenstermin usw. geladen werden, extra vor diesem Termin ein Schmerzmittel nehmen und dann während des ganzen Termins keine Schmerzen erkennen lassen, ergibt sich hieraus ein falsches Bild. Sie dürfen und sollen während einer Sozialgerichtsverhandlung, während eines Gutachtenstermins usw. Ihre Schmerzen in angemessener Weise zeigen, die Sitzhaltung wechseln und um Pausen bitten, um sich bewegen zu können. Sie dürfen sich auch z.B. ein Sitzkissen mitbringen, wenn dies ansonsten bei Ihnen auch notwendig ist. Übertreiben und „schauspielern“ dürfen Sie nicht.

Haben Sie Wirbelsäulenbeschwerden mit Schmerzen, müssen Sie sich auch entsprechend bewegen. Wenn Sie während eines Gutachtenstermins auf einem Stuhl sitzen, reichlich Schmerzmittel genommen haben oder einfach die Zähne zusammenbeißen und im Sitzen Ihre schräg hinter dem Stuhl stehende Tasche auf Ihren Schoss heben, liest sich dies im Gutachten anschließend so (Originalzitat, mit „wir“ meint der Gutachter sich selbst): „ Wir fanden bei unserer Untersuchung deutliche Übertreibungstendenzen. Die Fähigkeit, seitlich hinter sich zu fassen, also bei gleichzeitiger Beugung und Drehung der Wirbelsäule eine Handtasche in spontaner und flüssiger Bewegung aufzuheben, ist mit den geklagten Rückenbeschwerden und der ansonsten gezeigten Schonhaltung nicht in Einklang zu bringen.“ Es nutzt dann auch nichts, wenn Sie nachfolgend Ihren Rechtsberater wechseln, in der Hoffnung, dass ein anderer Fachmann die Rentengewährung noch erreichen kann. In derselben Art wirkt es unglaubwürdig, wenn Sie sich eigentlich nicht bücken können, die Hände also nicht mehr bis zum Boden herabführen können, und dann (weil Schmerzmittel genommen) beim Gutachtenstermin längere Zeit vornüber gebeugt an einem Tisch sitzen. Ebenso gilt dies für das Heben der Arme. Können Sie die Arme normalerweise nur bis Schulterhöhe heben und führen dies beim Gutachtenstermin anders vor, weil Sie sich für diesen Tag besonders fit gemacht haben und dieses „Fit-machen“ aus gesundheitlichen Gründen nicht täglich möglich ist, stellt dies einen Negativpunkt für die Rentengewährung dar.

Es sollen auch die kleinen Schwächen der Menschen beachtet werden. Erscheinen Sie zu einem Untersuchungstermin über die Maßen gepflegt, mit sorgfältig geputzten (lackierten) Fingernägeln, perfekt sitzender Frisur, gediegen angezogen, jugendlichem Äußeren und mit sicherem und durchsetzungsfähigem Auftreten, ist der erste Eindruck, den Sie hiermit auf den Gutachter machen, sehr positiv und eher gesund. Die Menschen (da gehören Gutachter auch dazu) können sich selten solchen äußerlichen Eindrücken verschließen und schnell ist eine Vormeinung da, nämlich dass eher gesund ist, wer so gut aussieht und auftritt. Deshalb haben Rentenbewerber, die jünger aussehen und / oder Jugendlichkeit ausstrahlen, oft mehr Probleme die Rente zu bekommen. Wenn dieses „jung aussehen“ z.B. in der Familie liegt, sollten Sie dies unbedingt erwähnen.

Manchmal folgen die Gutachter aus falsch verstandener Berufsehre den Vorgutachten, so dass dann letztendlich doch wieder nach Aktenlage entschieden wird. Und dies trotzdem durch eine persönliche Untersuchung der Eindruck erweckt wird, dass der Gutachter sich durch eigene Anschauung eine neutrale Beurteilung erlauben kann. Während einer solchen Untersuchung können Sie aber natürlich auf die Vorgutachten eingehen und können klipp und klar sagen (oder aufschreiben), dass diese oder jene Einschätzung im Gutachten des Herrn Dr. Falsch vom 20. September 200X aus diesem oder jenem Grund nicht stimmt. Wenn möglich sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt über ein „schlechtes“ Gutachten und fragen sie Ihn, wo er die Schwachpunkte dieses Gutachtens sieht. Ihr Hausarzt kann ärztliche Unlogik (z.B. Schonhinken seit längerer Zeit auf einem Bein, ohne dass eine Umfangsverminderung der Muskulatur dieses Beines festgestellt wurde), gegenseitige Verstärkungen von Krankheitsbildern (z.B. Verstärkung von Hüftbeschwerden durch Abnutzungen in einem Kniegelenk) und Unvollständigkeiten eines Gutachtens Ihnen gegenüber aufdecken. Sie wiederum können dann beim nächsten Gutachter genau diese Punkte ansprechen. Manchmal sind auch Hinweise hilfreich, die es dem nachfolgenden Gutachter ermöglichen, Formulierungen zu wählen, die dem Vorgutachter keine „übermäßigen Schmerzen“ bereiten. Z.B. zeitbezogene Hinweise (das Vorgutachten ist ja schon ein halbes Jahr alt und in diesem halben Jahr hat sich Etliches verschlimmert), oder fachbezogene Hinweise (der Vorgutachter ist Orthopäde und konnte deshalb meine Leiden auf neurologischem Gebiet nicht oder nur unvollständig erkennen).

Zwei Dinge dürfen Sie nicht: Übertreiben und simulieren. Alles Andere müssen Sie aber wahrheitsgemäß schildern, auch wenn es unangenehm ist. Viel Unangenehmer ist es, wenn die Rente abgelehnt wird. Auch die zum Simulieren gegenteilige Vorgehensweise, nämlich dass Sie sich besser darstellen, als es der Fall ist, soll vermieden werden. Es ist zwar eine normale menschliche Regung, dass man zum Gutachtenstermin in möglichst guter Verfassung hingeht, aber genau das ist falsch. Wenn es Ihnen regelmäßig an 4 oder 5 Tagen in der Woche schlecht geht, dann sollen Sie nicht beim Gutachtenstermin darstellen, wie gut es Ihnen an einem der wenigen guten Tage geht.

Wenn ein Gutachter sich abwertend äußert, Sie nicht ernst nimmt, Ihnen nicht zuhört usw., können Sie den Gutachter darauf aufmerksam machen, dass er verpflichtet ist sie ernst zu nehmen, ohne Vorurteile sachkundig und objektiv zu untersuchen und dass sie ansonsten seine Untersuchung ablehnen können. Werden Sie weiter abwertend behandelt, können Sie die Untersuchung vorzeitig beenden. Auch wenn die Begutachtung laufend unterbrochen wird durch Telefonate, Herausgehen o.ä. und Sie deshalb „immer wieder den Faden verlieren“ können Sie die Begutachtung nach einem entsprechenden Hinweis beenden, wenn der Gutachter Ihre Bitte weiterhin nicht beachtet. Im Falle der vorzeitigen Beendigung einer Untersuchung durch Sie ist es im Nachhinein allerdings zwingend und schnellstmöglich erforderlich einen wahrheitsgemäßen Erlebnisbericht zu schreiben und diesen Bericht bei der jeweiligen Stelle (Gericht, Deutsche Rentenversicherung usw.) bzw. bei Ihrem Rechtsbeistand abzugeben.

Haben Sie Berichte, Gutachten von Ärzten die das Gesamtkrankheitsbild richtig erkannt haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass die Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist, ist es hilfreich, wenn dargestellt werden kann, dass der jeweilige Arzt/Gutachter eine große Kapazität auf seinem Fachgebiet ist (z.B. in der internationalen Forschung tätig, viele Veröffentlichungen, wird oft in der Fachpresse zitiert usw.). Ein anderer Gutachter, der z.B. von einer Behörde beauftragt wurde, kann ein Gutachten, welches für die Rentengewährung spricht und von einer „allgemein anerkannten Kapazität“ erstellt wurde, schwieriger „aus dem Feld schlagen“, wenn er nicht auch selbst eine „allgemein anerkannte Kapazität“ ist. Die überdurchschnittlich hohe Fachkenntnis des jeweiligen Arztes sollte nicht nur behauptet, sondern auch nachgewiesen werden (Kopien von Veröffentlichungen, evtl. Teile der Webseite des Arztes ausdrucken, Informationsblätter, die sich mit der Tätigkeit des jeweiligen Arztes befassen usw.).

Auch nach einem ausführlichen Gutachtenstermin sollte dem Gutachter nicht die Frage gestellt werden, wie gut die Chancen auf Erwerbsminderungsrente sind. Der Gutachter hat meist wohl einen Eindruck über Ihren Gesundheitszustand gewonnen, dieser Eindruck reicht jedoch weder für eine vorläufige noch für eine als verbindlich zu verstehende sofortige Aussage aus. Erst das Zusammenfügen der Funktionsstörungen in ihrer Gesamtheit aus allen Teilgutachten und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit ergeben letztendlich eine Gesamtschau, auf deren Basis dann der Rentenversicherungsträger oder ein Gericht entscheidet. Auch ist das ärztliche Gutachten wohl eine wichtige, jedoch nicht allein entscheidende Grundlage zur Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Das letzte Wort hat hier der Versicherungsträger bzw. das zuständige Sozialgericht.

Das fertig erstellte Gutachten wird vom Gutachter an den jeweiligen Versicherungsträger oder an das zuständige Sozialgericht gesandt. Falls unerwartet bisher unbekannte ernsthafte pathologische oder gar lebensbedrohende Befunde vom Gutachter erhoben werden, ist dieser verpflichtet unverzüglich Ihrem Hausarzt zu berichten. Einen sogenannten Arztbericht oder Kopien über die gutachterliche Untersuchungen erhält Ihr Hausarzt nicht, wie vielfach angenommen wird. Auch wenn Sie den Gutachter auffordern die erhobenen Befunde an Ihre Ärzte weiterzuleiten wird er dies nicht tun. Gutachten können nur durch Ihren behandelnden Arzt oder Ihren Rechtsbeistand von den Rentenversicherungsträgern angefordert werden. Im Klageverfahren werden Gutachten regelmäßig vom Gericht dem Rechtsbeistand ausgehändigt.

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Re: Was ist beim Gutachtenstermin zu beachten

Ungelesener Beitrag von k@lle » Sa 11. Sep 2010, 08:55

diesen Beitrag haben wir schon länger in unserer linkliste....

trotzdem ich hab ihn leider viel zu spät entdeckt und habe bei meinen Gu Fehler gemacht auf die darin hingewiesen wurde...

auch sollte man bedenken der Text ist schon(zum teil) 1999 erschienen (hab ich da mal gelesen)und außerdem gibt dieser Rentenberater bestimmt nicht alle sein tipps frei.auch reicht die Rechtsschutzversicherung nicht aus er will noch zuZahlungen
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Re: Was ist beim Gutachtenstermin zu beachten

Ungelesener Beitrag von Dummy » Sa 11. Sep 2010, 10:01

Das soll auch bestimmt keine Werbung für den Rechtsanwalt sein.

Aber ich denke, dass einige Tipps sicher noch heute gültig sind, auch wenn der Artikel schon etwas älter ist.
Ich habe ihn leider auch erst nach meinem Gutachten entdeckt.
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Re: Was ist beim Gutachtenstermin zu beachten

Ungelesener Beitrag von k@lle » Sa 11. Sep 2010, 10:27

Das soll auch bestimmt keine Werbung für den Rechtsanwalt sein.
dachte ich auch nicht...
Aber ich denke, dass einige Tipps sicher noch heute gültig sind, auch wenn der Artikel schon etwas älter ist.
kann ich dir zustimmen.....und noch immer machen leute bei Gu solche fehler

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Ich habe ihn leider auch erst nach meinem Gutachten entdeckt.
auch da bist du auch nicht allein.........willkommen im club
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rosenresli
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Re: Was ist beim Gutachtenstermin zu beachten

Ungelesener Beitrag von rosenresli » Sa 11. Sep 2010, 15:02

ich selber hab ich auch erst "danach" entdeckt,
irgendwo im internet!

lg rosenresli

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